Celler de Capçanes
Geschichte
Capçanes nennt sich die kleine 400-Seelen-Gemeinde, die 120 km südwestlich von Barcelona in einem hochgelegenen Bergtal Tarragonas im Bezirk Priorato liegt. In der Vergangenheit zählten die Weinberge des Dorfes zur Subzone Falset innerhalb des großflächigen Weinbaugebietes DO Tarragona. Mit dem Jahrgang 2000 trennte sich die engstrukturierte Bergregion Falset von den weitläufigen Flachlagen der DO Tarragona und formierte sich zur eigenständigen DO Montsant. Im Bezirk Priorat gibt es seither zwei kleine, anerkannte Weinbaugebiete, die beide für die Erzeugung kraft- und charaktervoller Rotweine stehen: die D.O.Ca. Priorat und die D.O. Montsant.
Nachdem die Reblaus Anfang des vergangenen Jahrhunderts die Weinberge in Capçanes zerstörte, wurde gegen 1905 mit der teilweisen Wiederbepflanzung begonnen. Im Zuge der aufkommenden Genossenschaftsidee in den 30er Jahren schlossen sich auch in Capçanes zunächst fünf Winzerfamilien zusammen, um sich gemeinsam den neuen Marktanforderungen zu stellen. Bis dato wurden die Weine in mühsamer Handarbeit und mit äußerst bescheidenen Mitteln auf den vielen über die Capçanes-Täler hinweg weitverstreuten Höfen produziert. Dank der neugegründeten Kooperative konnten die Trauben ab sofort unter önologisch und ökonomisch vorteilhafteren Bedingungen zusammen verarbeitet werden. Heute ist Celler de Capçanes im Grunde eine Dorfgenossenschaft. Die Genossen hegen jede ihrer eigenen Parzellen persönlich. Unterstützt und weitergebildet werden sie von den Weinmachern um Jürgen Wagner. So reichen sich frisches Wissen und alte Traditionen die Hand. Dass inzwischen 35 ha Weinberge ökologisch bewirtschaftet und zertifiziert werden ist nicht mehr verwunderlich.
Entwicklung
Bevor man sich Mitte der 90er Jahre der Erzeugung hochwertiger Flaschenweine widmete, galt der „Celler de Capçanes“ als wichtiger Tankwein- und Traubenlieferant namhafter Weingüter. Aufgrund des reifen, fruchtig-komplexen Charakters sowie des hohen Alkohol- und Farbstoffgehaltes war das Traubengut aus Capçanes hochgeschätzt, da es im Verschnitt einfachere Qualitäten anderer Regionen aufbesserte.
Der Schritt zum hochwertigen Flaschenweinerzeuger erfolgte dank der Idee der Jüdischen Gemeinde von Barcelona und dem „Celler de Capçanes“, in Capçanes einen koscheren Wein zu erzeugen. Um nach dem strengen „Lo Mebushal“-Verfahren koscher vinifizieren zu können, musste den neuen Erfordernissen entsprechend die gesamte Kellertechnik modernisiert werden. Bei diesem Verfahren wird der Wein nicht pasteurisiert, um ihn zu purifizieren, sondern unterliegt von der Traubenannahme bis zur Abfüllung und Etikettierung einzig der Kontrolle und Obhut des Rabbiners. Die Arbeit im Rebberg einschließlich der Traubenlese darf noch durch die Weinbauern von Capçanes erfolgen, da sich die Trauben bzw. der Most durch die alkoholische Gärung „reinigen“. Danach darf nur noch der Rabbiner „Hand anlegen“, wobei in seiner Abwesenheit gewährleistet ist, dass niemand in die Weinbereitung eingreifen kann. Bei diesem Verfahren kommt der Wein weder mit „Unreinem“ – aus jüdischer/koscherer Sicht – in Kontakt noch mit den Capçanes-Mitarbeitern, da die Vinifikation in einem abgetrennten Bereich erfolgt, wobei die Tanks und Eichenholzfässer zusätzlich verplombt bzw. versiegelt sind. Es bedarf einer zweifachen Ausführung an Filtern, Schläuchen, Pumpen usw., da koscherer und nichtkoscherer Wein nicht in denselben Kellergerätschaften verarbeitet werden darf. Einzig die Edelstahltanks des Weingutes werden für beide Weine verwendet, da sie mit Dampf sterilisiert werden können.
Koscherer Wein
Die koschere Weinerzeugung nimmt mit 15'000 Flaschen einen geringen Anteil an der Gesamtproduktion von 600'000 Flaschen ein. Trotzdem ist der koschere „Flor de Primavera“ (Peraj Ha’abib) für den Werdegang der Kellerei von essentieller Bedeutung, da dank ihm und dem Einsatz neuer Technik wichtige Erfahrungen gesammelt und erste Erfolge verbucht werden konnten. Dies stärkte das Selbstvertrauen der bis anhin als reine Zulieferer agierenden Genossenschaft und ebnete den Weg für die erst danach entstandenen konventionellen – nicht koscheren – Capçanes-Weine. Angehalten durch den großen Erfolg des Flor de Primavera, zieht Celler Capcanes mit einem "kleinen" Peraj nach und bringt einen zweiten koscheren Wein auf den Markt. Und die Weinwelt freut sich!
Größe
Die 220 ha umfassende Rebfläche ist zum Großteil mit autochthonen Rebsorten Garnacha (120 ha), Cariñena (40 ha) und Tempranillo (15 ha) bepflanzt sowie mit Cabernet Sauvignon (15 ha), Merlot (10 ha) und Syrah (7 ha).
Rebsorten
Weiße Rebsorten – Garnacha blanca und Chardonnay – spielen nur eine untergeordnete Rolle. Das Durchschnittsalter der Weinberge beträgt 30 Jahre, wobei über 60- bis 95jährige Garnacha- und Cariñenalagen keine Seltenheit sind. Die Weinberge erstrecken sich von 140 bis knapp 600 m Höhe amphitheaterförmig über die drei Capçanes-Täler. Das Bodenspektrum ist vielfältig – vom sandigen, lockeren Boden über ton-, kalk- und eisenhaltige mit Schiefer und Granit versetzte Zonen bis zu den kargen, extrem steinigen jahrhundertealten Terrassenanlagen und Steilhängen.
Der optimale Reifezeitpunkt einer jeden Rebsorte variiert von Lage zu Lage stark, so dass während der Leseperiode eine Vielzahl kleiner, unterschiedlichster Traubenpartien zu verarbeiten sind. Mit Hilfe eines intern erstellten Reifegüteindexes erfolgt die Klassifizierung der Trauben und der Jungweine – im Weinberg, bei der Traubenannahme sowie nach erfolgter Vergärung – worauf die Vergütung der Weinbauern basiert. Je nach Parzelle erfolgt eine Vorselektion im Weinberg und eine zweite Auswahl per Hand auf dem Selektionsband im Weingut. Die Traubenlese wird ausschließlich per Hand durchgeführt, entweder in 20-kg-Kiste oder auf kleine, maximal 1000 kg fassende Traktoranhänger.
Heute
Weinberge, Keller und Vermarktung teilen sich drei ausgebildete Weinmacher auf, wobei der „Feinschliff“ beim Weinausbau im Konsens erfolgt. Angel Teixido, Chefönologe in Capçanes, zählt zu den erfahrensten Weinmachern der Region. Francisco Perello koordiniert die Kontrolle der Weinberge, die Abfüllung und die Weinanalyse. Und der Deutsche Jürgen Wagner zeichnet verantwortlich für Marketing und Export.
Mit der Einweihung des 1800 Eichenfässer fassenden Barriquekellers im Sommer 2001 und nach Abschluss der dritten Ausbauphase im Frühjahr 2003 befindet sich der „Celler de Capçanes“ heute auf kellertechnisch modernstem Stand. Mit tatkräftiger Unterstützung der 80 Genossen unter Führung ihres Präsidenten Francisco Blanch und einem jungen, dynamischen Team im Weingut trotzt der „Celler der Capçanes“ erfolgreich dem Negativimage von Genossenschaften und genießt heute internationales Renommee als einer der Spitzenerzeuger Spaniens. Wie bei allen guten Weinerzeugern erkennt man auch hier an den Basisweinen (Mas Collet, Lasendal, Mas Donis Rosat) die hohe Qualität. Ein Weinsortiment für jeden Geldbeutel mit viel Trinkspaß. Die Capçanes Premium - Weine wie Mas Torto oder Cabrida stehen den Priorat - Qualitäten heute in nichts nach.
Blick auf Capçanes Hier lagert der koschere Flor de Primavera